Spätestens seit der Affäre um Jan Böhmermann ist eigentlich klar: Politiker auf die Schippe zu nehmen, ist erlaubt. Doch seitdem die Empfindlichkeit des Despoten vom Bosporus bekannt ist, stellen wir uns ernsthaft die Frage: Darf Satire Erdogan beleidigen? Ein Kommentar.

Eigentlich ist in der öffentlichen Wahrnehmung alles klar geregelt, jedenfalls wenn es nach der Definition bei Wikipedia geht:

Satire ist eine Kunstform, mit der Personen, Ereignisse oder Zustände kritisiert, verspottet oder angeprangert werden. Typisches Stilmittel der Satire ist die Übertreibung.

Wäre es keine Übertreibung, würden wir über einen politischen Kommentar sprechen. Wenn aber Kabarettist Serdar Somuncu meint, dass Erdogan die Türken den Hunden zum Fraß vorsetzt, ist das dann noch Satire oder ein Kommentar und damit möglicherweise eine Beleidigung?

Berechtigte Frage: Darf Satire Erdogan beleidigen?

Wer sich das folgende vierminütige Video mit dem Kabarattisten ansieht, wird vielleicht zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen. Ist das noch Kunst mit dem Titel „Der Hassprediger” oder handelt es sich hierbei um eine Hasspredigt, bei der jede Form von Kunst verloren gegangen ist:

Fakt ist: Die Türkei ist nicht Erdogan und Satire darf alles

Die Antwort auf die vorgenannte Frage sollte klar sein: Ja, Satire muss angehenden Despoten auf den Zahn fühlen. Ja, Satire muss übertreiben, auch wenn’s weh tut. Gleichzeitig muss jedem klar sein, dass niemals ein ganzes Volk verspottet werden kann, sondern nur eine einzelne Person oder Gruppierung, die aufgrund ihres Verhaltens oder unsäglicher Aussagen feinstes Satirematerial geliefert hat. Um bei der Türkei zu bleiben: Das Land ist viel zu sehr gespalten, als dass die Türkei mit Recep Tayyip Erdoğan gleichzusetzen wäre. Die Türkei ist nicht Erdogan.

Jägerlatein, Overstatement, Seemannsgarn, Übersteigerung, übertriebene Darstellung/Schilderung, Übertriebenheit, Zuspitzung; (umgangssprachlich abwertend)

Dies sind alles Synonyme für Übertreibung, also jene Umschreibung , die eine „politisch korrekte” Satire ausmacht. In Zeiten, als Politik noch als bieder, konservativ und langweilig wahrgenommen wurde, Stichwort Politikverdrossenheit, war es für die Satire schwierig starke Statements aus dem politischen Einheitsbrei herauszugreifen.

Dank Trump, AfD, Erdogan & Co. befinden wir uns derzeit in einem postfaktischen Zeitalter, in dem manche Politiker inzwischen selbst zu maßlosen Überspitzungen und Übertreibungen neigen. Auch diese Situation muss für einen Satiriker schwierig sein. Säbelrasseln in der Politik ist per se schon laut. Wie soll man in der Satire hier noch einen draufsetzen? Serdar Somuncu macht es genau richtig. Er muss schlicht lauter als das politische Gebrabbel sein, um Gehör zu finden.

Seit Böhmermann und „Extra 3″ wissen wir, dass satirische Aussagen zu politischen Streit führen können. Das sollte jedoch keinen Humoristen und Satiriker davon abhalten, seinen verdammten Job zu machen.

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