Eigentlich wollte ich mich an dieser Stelle auf ein bestimmtes aktuelles Thema stürzen, dass die Tagespolitik so in die Schlagzeilen gepumpt hat. Einzig: Ich konnte mich nicht für eines entscheiden. Da muss man auch als überzeugter Nicht-Nichtwähler festellen, dass Politikverdrossenheit nichts ist, wofür man sich schämen müsste.

So lieber Wähler, wer soll denn nun dein Schmerzblatt sein?

Kandidat 1: Jens, der Gesundheitsminister, der am Weltkrebstag einfach mal raushaut, dass Krebs in einigen Jahren vielleicht schon aus der Welt geschafft ist und per Twitter suggeriert, dass man mit Brokkoli-Lutschen, Stoßlüften und Meerschweinchenstreicheln in Sachen ewiges Leben auf Nummer sicher gehen kann?

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Oder Kandidatin 2: Julia, die Landwirtschaftsministerin, die sich den Orden wider den tierischen Ernst im Wortsinne verdient hätte, weil sie einen Tierwohl-Sticker auf der Leberwurst, nur weil das Schwein in seiner Zuchtfabrik 0,X Quadratmeter mehr zum Vegetieren zur Verfügung hatte, als Fortschritt für den Tierschutz verkaufen will? Und spätestens mit dessen vollumfänglichen Unverbindlichkeit keinen Zweifel daran lässt, dass sie eigentlich nur ihre Lobby mästet?

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Oder Kandidat 3: Andreas, der Verkehrsminister, der sich von den Autokonzernen so schnell am Nasenring durch die Manege ziehen lässt, dass ihm schwindelig genug wird, um entgegen aller Statistiken und Experteneinschätzungen zu behaupten, dass betagte Menschen nicht ansatzweise ein anderes Unfallrisiko darstellen können (und auf können liegt die Betonung), als jede andere Altersgruppe?

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Oder doch Kandidatin 4: Uschi, äh, Ursula, die Verteidigungsministerin, die trotz der Ankündigung, dass alle Ressorts den Gürtel enger schnallen müssen, auf eine Steigerung ihres Etats beharrt, um weiter einerseits sinnlose Hi-Tech-Waffen kaufen zu können und andererseits Millionenbeträge in einen schon weitgehend abewrackten Traditionssegler zu versenken? Obwohl die vorhandenen Kriegsspielzeuge (von denen so oder so die allermeisten nie einen ernsteren Ernstfall als TÜV-Abnahme und Einfädeln in die Panzerwaschstraße erleben werden) nichtmal ausreichend mit Ersatzteilen versorgt werden können?

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Politikverdrossenheit ist keine Schande, sondern konsequent

Wenn es nicht so trauriger Ernst wäre, was die Volksvertreter alles vom Stapel lassen, nur um gut zu klingen, keine Wähler und schon gar keine Lobbyisten zu verschrecken und dabei auch noch glauben, uns das als nachhaltige und gewinnbringende Politik verkaufen zu können: Man müsste drüber lachen. DIE PARTEI mag eine Satirepartei sein — alle anderen kann man getrost als Realsatire abstempeln. Und genau damit füttern sie besagte Kleinstpartei um den alten Satire-Haudegen Martin Sonneborn, der es bis ins Europa-Parlament geschafft hat und dort immer wieder schmerzhafte Wahrheiten auf ebenso treffende wie unterhaltsame Weise darlegt. Wer DIE PARTEI als plump, schmerzbefreit und politisch absolut unkorrekt empfindet, empfindet richtig: Denn sie macht nichts anderes, als die Mechanismen der leider ernstgemeinten Politik zu spiegeln und so sehr zu überhöhen, dass ihr eigentliches Wesen sichtbar wird. Man kann das beweinen, darüber lachen oder es ignorieren. Nur ändern kann man es wohl leider nicht.

P.S.: Trotzdem wählen gehen!

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