Serena Williams konnte in ihrer Tennis-Karriere bereits 23 Grand-Slam-Titel gewinnen. Aus sportlicher Sicht ist sie eine der Größten aller Zeiten, doch ihr Verhalten im Finale der US Open 2018 war eines Champions unwürdig. Das meint 2GLORY-Redakteur Dennis Ebbecke in seiner Kolumne „Ebbis Einwurf”. Seine These: Die US-Amerikanerin hat den Bogen mit ihren emotionalen Ausbrüchen in Richtung des Schiedsrichters überspannt und der jungen Siegerin Naomi Osaka die Freude über den ersten großen Titel genommen.

Als die junge Serena Williams 1999 ihren ersten Grand-Slam-Titel in New York einfahren konnte, war ihr die gesamte Aufmerksamkeit der Tennis-Welt sicher. Ihre Finalgegnerin Martina Hingis trat bewusst in den Hintergrund, um dem neuen Stern am Tennis-Himmel diesen großen Moment zu überlassen. Sie durfte die Lorbeeren ernten und sich feiern lassen. Und genauso sollte es im Sport sein. Aus meiner Sicht hat Serena knapp 20 Jahre später die Chance verpasst, der 20-jährigen Naomi Osaka dieses einmalige Gefühl zu schenken.

Was war passiert? Im Finale der US Open 2018 kassierte die ehemalige Nummer eins der Welt insgesamt drei Verwarnungen (wegen unerlaubten Coachings durch ihren Trainer, Zetrümmern eines Schlägers und Beschimpfungen in Richtung von Schiedsrichter Carlos Ramos). Dies führte zu Punkt- und Spielabzügen und zu einem unerträglichen Dauer-Zwist. „Du wirst nie, nie, nie mehr ein Spiel von mir leiten, solange du lebst. Du bist ein Lügner! Wann wirst du mir eine Entschuldigung geben? Du schuldest mir eine Entschuldigung! Sag es! Sag, dass es dir leid tut! Du hast mir einen Punkt gestohlen. Ein Dieb bist du also auch”, giftete Serena in Richtung des Portugiesen.

Nicht im Stile eines Champions

Es würde zu weit führen, an dieser Stelle über Sinn oder Unsinn der Coaching-Regel zu diskutieren oder jeden einzelnen Kommentar der späteren Verliererin zu zitieren. Genau das hätte nämlich zur Folge, dass Osakas unglaubliche Leistung noch mehr in den Hintergrund rücken würde, als es ohnehin schon geschehen ist. Die junge Japanerin war die klar bessere Spielerin und hätte vermutlich auch ohne die gegen ihre Gegnerin ausgesprochenen Strafen die US Open gewonnen.

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Für mich gibt es keinen Zweifel: Mit ihrer Erfahrung und mit 22 Grand-Slam-Erfolgen mehr als Osaka auf dem Buckel hätte sie ihre Emotionen irgendwann herunterfahren müssen. Stattdessen hat sie das US-amerikanische Publikum gegen die faire und überragend spielende Japanerin, die obendrein seit Kindheit an selbst in den USA lebt, aufgebracht. In der anschließenden Pressekonferenz konfrontierte Williams den Schiedsrichter sogar mit Sexismus-Vorwürfen.

Serena, das Theater ging an der Realität vorbei!

Die 20-Jährige wusste nach ihrem Sieg nicht mehr, was um sie herum passierte. Osaka tat das unschöne Ende dieses Matches so leid, dass sie sich nicht über den größten Moment ihres bisherigen Lebens freuen konnte. Dass Serena dies bei der Siegerehrung (endlich) erkannte und die Zuschauer darum bat, nicht mehr zu pfeifen, war richtig und wichtig — aber noch lange kein Kriterium für die Größe, die man von einem Champion erwarten sollte.

Man sollte Serena allerdings nicht per se als schlechte Verliererin hinstellen, sie hat sich aufrichtig für ihre Gegnerin gefreut und ihr herzlich gratuliert. Aber sie hat etwas Entscheidendes nicht bedacht: Ihr Verhalten war zu emotional, theatralisch und ging an der Realität vorbei. Und so sollte letztlich jeder das ganze Theater auf das reduzieren, was es war: ein Tennismatch mit einem neuen, jungen Champion, der es verdient hat, einen wahr gewordenen Traum in aller Form auszukosten — so wie es Serena selbst vor knapp 20 Jahren vergönnt war.

Über den Autor

Ebbis Einwurf

Dennis Ebbecke ist seit vielen Jahren als Sport-Redakteur tätig. Inzwischen arbeitet er als freischaffender Journalist, veröffentlicht Artikel, Interviews und Kommentare in diversen Print- und Online-Medien. Als fester Redakteur von 2GLORY präsentiert Ebbecke hier seine Rubrk „Ebbis Einwurf”. Diese widmet sich vor allem sportlichen Ereignissen und Entwicklungen.

„Ebbis Einwurf ist immer als Kommentar zu verstehen, der zum Nachdenken anregen, aber auch polarisieren soll. Ich vertrete hier meine persönliche Meinung, die natürlich auch Gegenmeinungen nach sich ziehen und zu Diskussionen führen darf”, erklärt der Autor dieser Rubrik. Mehr Kommentare? Hier findest du „Ebbis Einwurf” zum Videobeweis und zu Boris Becker.

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