Der aktuelle Streit zwischen den USA und Russland um das Vorgehen im Syrien-Konflikt schürt Ängste, die man sonst nur aus dem Kalten Krieg kannte. Russland verfolgt unter Wladimir Putin eine gnadenlose Interessenpolitik und der höchst umstrittene US-Präsident Donald Trump gießt mit bizarren Twitter-Statements regelmäßig Öl ins Feuer, anstatt sich um politische Lösungen zu bemühen.

Aktuell droht die Situation in Syrien völlig zu eskalieren: Dessen Machthaber Baschar al-Assad wird verdächtigt, im Bürgerkrieg wiederholt Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt zu haben. Die USA und — mit einer gewissen Zurückhaltung — auch europäische Länder ziehen in Erwägung, diese Kriegverbrechen mit Raketenangriffen auf militärische Anlagen in Syrien zu vergelten. Da Russland jedoch ein Verbündeter von Assad ist, bestreitet es die Verantwortung für die Gasangriffe und droht, alle Raketen abzuschießen und mit einem Schlag gegen die Quelle der Marschflugkörper zu reagieren.

UPDATE: In der Nacht vom 13. auf den 14.4. haben die USA, Großbritannien und Frankreich mit gezielten Schlägen militärische Ziele in Syrien bombardiert. Russland behält sich Konsequenzen vor und fordert eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats.

USA und Russland — ein Konflikt mit Geschichte

Das alles erinnert verstörend an die Momente in der Zeit zwischen 1947 und 1989, in denen der Kalte Krieg kurz davor stand, zu einem heißen zu werden. Die Folge wäre wohl ein nuklearer Schlagabtausch gewesen, dessen Ausmaß selbst den Zweiten Weltkrieg — der verheerendste Waffengang der Menschheitsgeschichte — in den Schatten gestellt hätte. Wie knapp die Welt in manchen Momenten am Abgrund stand (teilweise nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit, manchmal aber auch als großes mediales Ereignis), kann man sich heute kaum noch vorstellen. Und es bleibt nur zu hoffen, dass sich daran trotz der aktuellen Krise zwischen den USA und Russland nichts mehr ändern wird …

Die Realität war oft dramatischer als jeder Film: Dies sind die 5 gefährlichsten Momente, in denen der Kalte Krieg ein Dritter Weltkrieg zu werden drohte:

1

Berlin-Blockade

Der Zweite Weltkrieg war gerade erst seit drei Jahren beendet, als der Frieden erstmal in wirkliche Gefahr geriet: Nachdem die USA, Großbritannien und Frankreich in ihren Besatzungszonen die D‑Mark eingeführt hatten, ließ Stalin das vom sowjetischen Einflussbereich eingeschlossene Westberlin von allen Land- und Wasserwegen sowie der Energieversorgung abschneiden. Als Reaktion seitens der Amerikaner stand zur Diskussion, die Blockade mit einem bewaffneten Konvoi zu durchbrechen — was unweigerlich zu einer gewaltsamen Reaktion seitens der Sowjets und damit vermutlich zu einer verheerenden Kettenreaktion geführt hätte. Deshalb kam es am Ende auch anders: Die Westmächte versorgten Berlin über die berühmte Luftbrücke. Fast ein Jahr lang brachten Transportflugzeuge unter sehr gefährlichen Bedingungen, aber einem deutlich niedrigeren Konfrontationsrisiko, Versorgungsgüter in die eingeschlossene Stadt.

2

Checkpoint Charlie

Der Checkpoint Charlie war einer der zentralen Grenzübergänge innerhalb des geteilten Berlins. Dass er auch der vielleicht bekannteste wurde, verdankt er unter anderem einem Ereignis im Oktober 1961: Kurz nach dem Bau der Mauer versuchte die DDR-Parteiführung, die Rechte der Westmächte in Berlin zu beschneiden – als Reaktion darauf setzen sich sowohl sowjetische als auch amerikanische Panzer in Bewegung und standen sich schließlich am Checkpoint Charlie gegenüber und richteten ihre Kanonen aufeinander. Wie nah die Welt damals wirklich an einer gewaltsamen Eskalation stand, wurde erst viel später klar, als bekannt wurde, dass die Panzerkommandeure beider Seiten Befehl hatten, im Fall der Fälle von ihren Waffen Gebrauch zu machen.

3

Kuba-Krise

Die wohl bekannteste Beinahe-Katastrophe im Kalten Krieg ereignete sich im Oktober 1962: Als Reaktion auf amerikanische Mittelstreckenraketen in der Türkei beschloss die Sowjetunion, ebenfalls Marschflugkörper im kommunistischen Kuba und damit in unmittelbarer Nähe zu den USA zu stationieren. Nachdem ein amerikanisches Spionageflugzeug die entsprechenden Abschussrampen entdeckt hatte, drohte US-Präsident John F. Kennedy offen mit dem Einsatz von Nuklearwaffen und belegte Kuba mit einer Seeblockade. In diesem Rahmen zwang ein US-Zerstörer ein sowjetisches U‑Boot mit einer Granate zum Auftauchen – das U‑Boot hatte scharfe Atomwaffen an Bord! Spätestens jetzt war die Situation so brandgefährlich und in Gefahr, außer Kontrolle zu geraten, dass man sich letztlich darauf einigte, die jeweiligen Raketen im „Vorgarten” des jeweils anderen wieder abzuziehen.

4

Petrows Heldentat

Ohne es zu merken, stand die Welt 1983 mit einem Bein am Abgrund: Kurz nach Mitternacht am 26. September schlugen in einem Überwachungsbunker unweit von Moskau die Alarmsysteme an und meldeten den Start einer auf die USA gerichteten Atomrakete. Für den diensthabenden Offizier Stanislaw Petrow war es eine Frage von Minuten, zu entscheiden: Meldet er seinen Vorgesetzten einen Angriff oder einen Fehlalarm? Für was auch immer er sich entschied: Würde es sich als falsch entpuppten, wäre die Folge ein Atomkrieg und die einzige Frage wäre, ob zuerst die Sowjetunion oder zuerst die USA zerstört werden würden. Letztlich ging er von einem Fehlalarm aus, da zwar noch fünf weitere Raketen im Anflug gemeldet wurden, ihm aber auch das als viel zu wenig für einen echten Angriff erschien. Am Ende gab es gar keine Rakete — der Alarm wurde durch Sonnenreflexionen auf einer Wolke in der Nähe einer US Air Force-Basis ausgelöst, die ein Sowjet-Satellit wahrgenommen hatte. Petrow hatte im wahrsten Sinne des Wortes im Alleingang die Welt vor einem Atomkrieg bewahrt. Davon erfahren hat diese Welt aufgrund militärischer Geheimhaltung erst Jahre später.

5

„Able Archer 83”

Nur wenige Wochen nach Petrows Heldentat, im November 1983, kam es zur nächsten brandgefährlichen Situation: Unter dem Codenamen „Able Archer 83” führte die NATO ein europaweites Manöver durch, das aufgrund eines hohen Realitätsgrades und strengster Geheimhaltung Gefahr lief, zu einem Ernstfall zu werden. Für die Sowjets verdichteten sich die Zeichen für einen bevorstehenden Angriff (die teilweise allerdings eher mit der amerikanischen Invasion in Grenada und nichtmal mit dem Vorgängen in Europa zusammenhingen) so sehr, dass die Truppen am westlichen Rand des Ostblocks in Alarmbereitschaft versetzt wurden. Das wiederum blieb auch dem US-Geheimdienst CIA nicht verborgen. Die NATO erkannte den Zusammenhang und fuhr die Manöver-Aktivitäten deutlich zurück — unter anderen suchte US-Präsident Ronald Reagan keinen Atombunker auf, sondern zeigte sich demonstrativ in den Medien und machte Urlaub. Als das Able Archer vorbei war, beendete auch die Sowjetunion ihre Alarmbereitschaft.

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