Nach Anschlag von Berlin: 5 Dinge, die wir jetzt nicht brauchen

Mit dem Anschlag von Berlin hat niemand gerechnet und doch war vielen Menschen klar, dass es einmal passieren wird, dass wir bisher nur Glück hatten. So tragisch dieses Ereignis ist, so sehr stellt es unsere Art wie wir leben und zusammenleben auf den Prüfstand.
Kurz nach Acht, am gestrigen 19. Dezember, ereignete sich auf dem Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche der bisher schlimmste Terroranschlag in Deutschland. Und wieder einmal zeigte das Netz zum einen seine hässliche Seite, aber auch seine zutiefst solidarische und menschenfreundliche Seite. Vor allem aber offenbart es einmal mehr die Unsicherheit, wie hierzulande mit Bedrohungslagen umgegangen wird.
Schnell wurden die Menschen aktiv, die von „Merkels Toten” sprachen. Dann gab es jene, die von „Bürgerkrieg” faselten. Sogar der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Klaus Bouillon sprach von einem „Kriegszustand”. Doch helfen diese Einordnungen wirklich zum jetzigen Zeitpunkt? Sollten die Ermittler nicht einfach ihren Job machen, bevor Konsequenzen bereits geplant werden und Anschuldigungen die Runde machen?
Comedian Kurt Krömer hat es exemplarisch auf den Punkt gebracht und den fragwürdigen Facebook-Post von AfD-Chef Marcus Pretzell auf seine Art und Weise zerlegt:
Lieber Marcus Pretzell, AfD-Europaabgeordneter und Chef der AfD in Nordrhein-Westfalen, es ist unfassbar schäbig,…
Gepostet von Kurt Krömer am Dienstag, 20. Dezember 2016
5 Dinge, die wir jetzt, nach dem Anschlag von Berlin, überhaupt nicht gebrauchen können:
1
Die eigene Lebensweise aufgrund der Ereignisse ändern
Nein, Deutschland ist heute nicht unsicherer als vor einer Woche. Die Gefahr, dass ein terroristischer Anschlag in Deutschland passieren könnte, entspricht keiner neuen Situation. Das belegen auch einige vereitelte Taten oder Tatvorbereitungen. Es gibt also keinen Grund uns unsere Lebensweise, etwa den ein oder anderen Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt zu trinken, dem Willen von wenigen Extremisten unterzuordnen. Viel mehr sollten wir das Vertrauen in den Staat haben, der uns schützt und uns in Zukunft eher noch mehr schützt.2
Angst verbreiten
„Wir stehen kurz vor einem Bürgerkrieg, wenn es so weiter geht” ist nur ein Zitat, das derzeit immer häufiger in sozialen Medien zu lesen ist. Auch dem eben erst gewählten US-Präsidenten Donald Trump fehlt es an Taktgefühl, wenn er zum Ausdruck bringt, dass, so wortwörtlich, „alles nur noch schlimmer wird”:
Today there were terror attacks in Turkey, Switzerland and Germany — and it is only getting worse. The civilized world must change thinking!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 19. Dezember 2016
Stoppt die Verbreitung von Angst und Schrecken — denn durch die Destabilisierung eines Volkes haben terroristische Vereinigungen wie der IS ihr Ziel erreicht. Verbreitet Mut und Solidarität, aber nicht Angst und Hetze.3
Eine ganze Bevölkerungsgruppe anschuldigen
Viele Menschen vergessen in diesen Stunden und Tagen einen wichtigen Fakt: Die Polizei sucht nach einem Täter und nicht nach einer Bevölkerungsgruppe. Und wenn am Ende ein Flüchtling der Täter war, können deshalb nicht alle Flüchtlinge in Kollektivhaft genommen werden. Mehr Differenzierung, bitte. Abschottung ist keine Lösung.
Meinen friedliebenden Nachbarn Mohammed für #Breitscheidsplatz in Mithaftung zu nehmen ist ähnlich dumm, wie alle LKW-Fahrer zu verurteilen!
— Matthias Oomen 🇪🇺🏳️🌈 (@OomenBerlin) 20. Dezember 2016
4
Bilder vom Tatort in den sozialen Medien veröffentlichen
Bilder und Videos vom Tatort gehören nicht auf Facebook und Twitter, sondern auf direktem Wege zur Polizei. Diese hat für diesen Fall eine Upload-Plattform bereitgestellt:
Über das Hinweisportal https://t.co/VgRGAV8AJB erreichen uns viele Videos & Fotos zum #Breitscheidplatz. #Danke dafür. Das hilft uns sehr.
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) 20. Dezember 2016
5
Unachtsam sein
Angst und Panik sind keine guten Ratgeber in diesen Tagen. Die Augen vor der Realität zu verschließen, allerdings ebensowenig. Damit ist nicht gemeint, übervorsichtig zu sein und möglicherweise Menschen in falschen Kategorien einzuordnen. Ein gewisses Maß an Wachsamkeit ist dennoch notwendig, um verdächtige Handlungen oder Personen dem nächsten Polizisten oder Security-Mitarbeiter zu melden.